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Thorakoabdominelles Aortenaneurysma – die tickende Zeitbombe im Bauch
Gefäßchirurg Dr. Zmarai Nurzai operiert erfolgreich Patient mit Aneurysma in Brust- und Bauchschlagader

Vor ziemlich genau fünf Jahren wurde Dr. med. Zmarai Nurzai zum Chefarzt der Abteilung für Gefäßchirurgie am Dreifaltigkeits-Hospital Lippstadt berufen. Seither behandelt er mit seinem Team erfolgreich sämtliche Erkrankungen an Arterien (Schlagadern) und Venen. Die Gefäßerkrankung ist eine der häufigsten Erkrankungen und betrifft alle Gefäße des Körpers von der Halsschlagader (Carotis) über die Hauptschlagader (Aorta) bis zu den Gefäßen der Beine (»Schaufensterkrankheit«) und den Venen (Krampfadern).

Ein besonderer Schwerpunkt der Lippstädter Gefäßchirurgie ist die Aneurysma-Chirurgie. Ein Aneurysma (Aussackung der Gefäßwand) liegt vor, wenn eine Schlagader ihren normalen Durchmesser mehr als verdoppelt hat. Aneurysmen der Hauptschlagader (Aorta) treten in der Regel erst ab dem fünften Lebensjahrzehnt auf und betreffen in erster Linie Männer. Etwa zwei von 100 Männern zwischen 65 und 75 Jahren sind davon betroffen. Die Krankenkasse erstattet daher Männern ab 65 Jahren eine einmalige Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung. Risikofaktoren für die Entstehung sind vor allem Bluthochdruck, Nikotinkonsum, Bindegewebsschwäche oder eine positive Familienanamnese –  je häufiger ein Aneurysma in der engeren Verwandtschaft vorkommt, um so eher kann man auch selbst davon betroffen sein. 

Gefahr erkannt...

Im Normalfall bemerkt der Betroffene keine Krankheitszeichen. Gerade kleinere Aneurysmen mit einem Durchmesser von weniger als fünf Zentimetern bleiben in aller Regel ohne subjektive Beschwerden. Aneurysmen im Bauchbereich werden oftmals zufällig durch Ultraschall oder im Rahmen einer anderen Untersuchung wie z.B. bei einer CT- oder MRT-Untersuchung festgestellt. Sobald sie aber einmal entdeckt sind, sollten regelmäßig Kontrolluntersuchungen stattfinden, um eine Größenzunahme des Aneurysmas rechtzeitig zu erkennen. Denn mit wachsender Größe steigt die Gefahr einer Ruptur und somit einer lebensgefährlichen Blutung. Ein Riss des Aneurysmas macht sich beim Betroffenen in der Regel mit akuten Bauch- oder Rückenschmerzen bemerkbar.

Am häufigsten finden sich Aneurysmen in der Bauchschlagader, das sog. abdominielle Aortenaneurysma (AAA). Doch auch der Übergangsbereich von der Brustschlagader (thorakales Aneurysma) in den Bauchraum kann betroffen sein – dies nennt der Mediziner dann »thorakoabdominelles Aortenaneurysma«. Dieses ist in seiner Behandlung besonders kompliziert, da die Eingeweidearterien in die Anatomie des Aneurysmas mit einbezogen werden.

...Gefahr gebannt

Bei einem operationsbedürftigen Bauchaortenaneurysma gibt es zwei verschiedene Behandlungsverfahren: die endovaskuläre Versorgung durch eine kathetergeführte Gefäßprothese von der Leiste aus und die offene Operation über einen Bauchschnitt. Die Methoden werden im Folgenden näher erläutert.

(Thorakale) Endovaskuläre Aortenreparatur (EVAR, TEVAR)
Bei diesem minimal-invasiven (»Schlüsselloch-«) Eingriff wird eine vorgefertigte, sog. endovaskuläre Stentprothese (von einem Metallgitter umhüllter Gefäßersatz aus Kunststoff) mit einem Katheter über die Leistenarterie eingebracht und bis zum Aneurysma der Bauch- (EVAR) oder Brustaorta (TEVAR) unter Röntgendurchleuchtung vorgeschoben, um es auszuschalten und das geschwächte Gefäß zu stützen.

Chirurgische Versorgung
Bei der offenen Operation wird dagegen der ausgeweitete Teil des Gefäßes freigelegt, aufgeschnitten und durch eine rohr- oder Y-förmige Kunststoffprothese ersetzt. Diese wird oben und unten durch Naht jeweils mit den gesunden Gefäßabschnitten verbunden.

Beide Behandlungsmethoden bedürfen eines stationären Krankenhausaufenthalts. Im Anschluss erfolgen regelmäßige ambulante Nachkontrollen in einer gefäßchirurgischen Sprechstunde.

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Zur Person
Dr. med. Zmarai Nurzai wechselte als Facharzt für Chirurgie, Gefäßchirurgie und endovaskulärer Chirurg sowie Spezialist vom Klinikum Augsburg als Nachfolger von Prof. Dr. Helmut Kogel ans Dreifaltigkeits-Hospital Lippstadt – hier leitet er die Gefäßchirurgie seit dem 1. April 2016 erfolgreich als Chefarzt.

Im nachfolgenden Interview berichtet Dr. Zmarai Nurzai über einen Patienten, dessen thorakoabdominelles Aortenaneurysma kürzlich erfolgreich behandelt wurde.

F: Herr Dr. Nurzai, Sie haben kürzlich zwei Operationen durchgeführt mit der Indikation »Thorakoabdominelles Aortenaneurysma«. Können Sie uns den Eingriff bitte einmal erläutern.
A: Bei den thorakoabdominellen Aortenaneurysmen handelt es sich um die Erweiterung der Körperhauptschlagader im Brust- und Bauchbereich. Unterhalb des Zwerchfells vor allem in den ersten zehn Zentimetern der Bauchaorta befinden sich die lebenswichtigen Abzweigungen für die Eingeweidedurchblutung zu Milz, Leber, Magen, Darm und Nieren. Daher ist die Behandlung der Bauchschlagader in diesem Segment sehr anspruchsvoll. Die Behandlung so ausgedehnter Erweiterungen der Hauptschlagader im Brust- und Bauchraum (thorakoabdominelles Aortenaneurysma) durch minimal-invasive Kathetermethoden besitzen einen deutlichen Vorteil gegenüber der offenen Chirurgie in Bezug zum Überleben und zu möglichen Komplikationen. Nach der Diagnostik mittels CT mit gleichzeitiger Gefäßdarstellung werden endovaskuläre Prothesen individuell für jeden Patienten sozusagen maßangefertigt. Die Implantation solcher Prothesen stellt eine besondere Herausforderung dar, weil jede Öffnung der Prothese für die wichtigen Seitenäste zu den Eingeweidearterien exakt platziert werden muss.

Auch solche komplexen Operationen führen wir meist in minimal-invasiver Methode mit kleinen Schnitten im Bereich der Leisten durch. Diese Art von Operation stellt in der Regel eine sehr gute Lebensqualität nach der Operaton in Aussicht. Die Patienten sind am postoperativen Tag mobil, mit wenig oder sogar gar keiner Schmerzsymptomatik. Nach einer CT-Kontrolle können sie das Krankenhaus am 3. bis 4. postoperativen Tag verlassen.

F: Sie haben früher an einem Universitätsklinikum gearbeitet und entsprechend komplizierte Eingriffe durchgeführt und begleitet. Nun führen Sie auch hier in der Region bei uns am Dreifaltigkeits-Hospital Operationen auf vergleichbarem Niveau durch. Bitte einmal Werbung in eigener Sache: Warum ist der Patient mit einer so schwerwiegenden Erkrankung in Ihrer Abteilung für Gefäßchirurgie so gut aufgehoben?
A: Im Dreifaltigkeits-Hospital Lippstadt kombinieren wir aus meiner Sicht zwei wichtige Aspekte der Medizin: Wir ermöglichen den Patienten in einer familiären Atmosphäre eine Medizin mit universitärem Niveau. Die Patienten aus der Region müssen nicht mehr hunderte von Kilometern in andere Kliniken fahren bzw. gefahren werden, um eine solche Behandlung zu bekommen. Ein anderer Vorteil ist, dass unser Patientenklientel jegliche Therapie sowohl offen-chirurgisch, aber auch endovaskulär, aus einer Hand erhalten kann.

F: Was macht ein Aneurysma so gefährlich?
A: Ein Aneurysma ist eine tickende Zeitbombe. Eine rechtzeitige und adäquate Behandlung läuft – unter normalen Umständen – sehr präzise mit minimalen Komplikationen. Ein geplatztes Aneurysma endet meist sehr schmerzhaft und in einem hohen Prozentsatz tödlich. Daher lautet mein Appell an alle Patienten mit einer solchen Erkrankung, sich rechtzeitig behandeln zu lassen.

F: Gibt es Vorzeichen der Erkrankung? Worauf muss ich als Patient achten? Kann ich vorsorgen?
A: Die beste Vorsorge sind Ultraschalluntersuchungen, die heutzutage auch bei vielen niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen stattfinden können. Vor allem Patienten mit positiver Familienanamnese, hohem Blutdruck, Diabetes mellitus und Raucher sollten ihre Gefäße und unter anderem die Körperhauptschlagader mittels Ultraschall untersuchen lassen. Bei Auffälligkeiten stehen wir selbstverständlich zur Verfügung.